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Regionales

17:13 Uhr | 01.03.2018

Interview mit einer Jugendschöffin

„Der Richter hat uns sehr viel Gehör geschenkt“

Altenburg. Am 1. Januar 2019 beginnt die neue Amtsperiode der auf fünf Jahre zu wählenden Jugendschöffen. Momentan werden Personen gesucht, die für den Amtsgerichtsbezirk Altenburg als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung in Jugendstrafsachen teilnehmen möchten. 56 Bewerber muss die Landkreisverwaltung dem Amtsgericht nennen, 28 werden ausgewählt, von denen 14 als Haupt- und 10 als Hilfsschöffen tätig sind. Hilfsschöffen springen dann ein, wenn ein Hauptschöffe verhindert ist. Weitere vier Personen werden für die Schöffentätigkeit am Landgericht Gera ausgewählt. Für die momentane Amtsperiode, die Ende des Jahres ausläuft, ist Lehrerin Carla Nebel als Hilfsschöffin bestellt. Auch für die kommende Amtszeit hat sie sich als Jugendschöffin beworben. Im Gespräch mit Amtsblatt-Redakteur Tom Kleinfeld erklärt Sie, was die Arbeit ausmacht.


 

Warum haben Sie sich damals und heute als Jugendschöffin beworben und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?

 

Dass Jugendschöffen gesucht werden, habe ich vor meiner ersten Amtszeit der regionalen Presse entnommen. Ich war von dem beschriebenen Ehrenamt sofort begeistert. An der Regelschule in Rositz unterrichtete ich damals „Wirtschaft und Recht“ und dachte mir, dass ich mit der Erfahrung als Schöffin praxisnäher den Stoff vermitteln kann. Aufgrund meines beruflichen Hintergrunds als Lehrerin interessiert mich das Jugendstrafrecht auch mehr als das der Erwachsenen. Als langjähriges beratendes Mitglied des Jugendhilfeausschusses habe ich von der aktuellen Ausschreibung in Vorbereitung einer Sitzung erfahren.  

 

 

Bei wie vielen Verhandlungen mussten Sie einspringen und welche Strafsachen wurden verhandelt?

 

Als Schöffin war ich während der vergangenen fünf Jahre bei zwei Verhandlungen. Die erste drehte sich um häusliche Gewalt und wurde gleich zu Beginn meiner Amtszeit verhandelt. Im Februar dieses Jahres war ich bei einer weiteren Verhandlung. Während dieser wurde ermittelt, ob ein junger Mann sich der Weitergabe von Betäubungsmitteln schuldig gemacht hat.

 

Wie läuft eine Verhandlung als Schöffe ab?

 

Zunächst bekommt man eine Einladung vom Gericht, dass man zu der Verhandlung als Schöffe geladen wird. Mit einer Rückmeldung wird dann erklärt, ob man an der Verhandlung teilnimmt. Am Tag der gerichtlichen Auseinandersetzung ist man eine Viertelstunde eher da – der Richter erklärt einem in der Zeit, worum es in dem zu verhandelnden Fall genau geht. Nach dem Verlesen der Anklage werden der Tatverdächtige, Zeugen und die Jugendgerichtshilfe gehört. Nach den Plädoyers der Staats­anwaltschaft und der Verteidigung zieht sich der Richter mit den beiden Schöffen zurück, um ein Urteil zu fällen.

 

 

Welchen Einfluss haben Sie als Schöffin auf das Urteil?

 

Das erkläre ich gern am Beispiel des eben genannten Betäubungsmittelfalles. Der junge Mann wurde zu vier Monaten Haft, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, und zu 30 Sozialstunden verurteilt. Wir beiden Schöffen gaben bei der Urteilsfindung zu bedenken, dass die Sozialstunden eher gering gehalten werden sollten, da der Angeklagte zeitnah eine Ausbildung beginnen wollte. Hätte er während der Ausbildung noch Sozialstunden leisten müssen, hätte er eventuell die Schule dafür geschwänzt, weil es ihm zu viel geworden wäre. Auch ging es darum, festzulegen, ihm einen Bewährungshelfer zur Seite zu stellen oder nicht. Im Dialog mit dem Richter haben wir dann gemeinsam erörtert, dass es für die persönliche Entwicklung des jungen Mannes besser wäre, wenn ein „Externer“ ein Auge darauf hat, dass er ein geregeltes Leben führt. Zeitlich haben wir diese Hilfe auf ein Jahr mit der Option auf Verlängerung angesetzt. Während der Urteilsfindung hat der Richter uns als Schöffen sehr viel Gehör geschenkt. Mein Rat war auch wichtig, da ich als langjährige Lehrerin über einen großen Erfahrungsschatz im Umgang mit Jugendlichen verfüge.
 

 

Wer sollte sich für das Ehrenamt als Jugendschöffe bewerben?

 

Menschen, die sich gut in Jugendliche hineinversetzen können, die eine soziale Ader haben und beruflich oder ehrenamtlich mit Jugendlichen zu tun haben – Lehrer, Sozialpädagogen oder Trainer, um nur einige Tätigkeitsfelder zu nennen.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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