15:52 Uhr | 03.06.2019
Der Dirigent Georg Fritzsch war von 1986 bis 1996 Solocellist im Philharmonischen Orchester Gera, nach Abschluss seines parallelen Dirigierstudiums seit 1994 auch Dirigent des Orchesters. Seit er 1998 seine ersten festen Stellungen als Generalmusikdirektor des Philharmonischen Orchesters Südwestfalen sowie als Musikalischer Oberleiter des Theaters Hagen angetreten hatte, hat er jedoch nicht mehr in Gera dirigiert. Nun kehrt er nach 21 Jahren als Dirigent sozusagen in die Heimstatt seiner Dirigentenkarriere zurück.
Sehr geehrter Herr Fritzsch,
für die Konzerte in Gera und Altenburg kehren Sie in bekannte Gefilde zurück, denn Sie begannen Ihre berufliche Karriere nach Ihrem Studium des Violoncellos im Philharmonischen Orchester Gera als Solocellist. Fühlt sich das für Sie wie ein Nachhause Kommen an?
Es ist ein ganz eigenartiges, ambivalentes Gefühl. Wie heißt es im Rosenkavalier? „Die Zeit ist ein sonderbar Ding. Wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts. Aber dann auf einmal, da spürt man nichts als sie.“ So fühlt es sich jetzt an: Als könne es nicht sein, dass es schon 33 Jahre her ist, als ich in Gera Solocellist wurde. Das zu realisieren ist seltsam. Wenn ich in die Stadt Gera komme, frage ich mich, wie vertraut ist mir die Stadt, sind mir die Menschen noch? Wenn ich dann aber den Konzertsaal des Theaters betrete, dann ist plötzlich alles wie früher, wie immer. Ich muss sagen: Fast niemals bin ich so gespannt darauf gewesen, was mich erwartet, wie das Orchester klingt, wie der Saal klingt, wie es sich anfühlt, wie zu diesem Konzert hier in Gera. Denn als Dirigent war ich immerhin schon 21 Jahre lang nicht hier. Ich habe zwischen 1996 und 1998 hier als ständiger Gast viel dirigiert, doch seit ich 1998 meine Stelle in Hagen angetreten hatte, gar nicht mehr.
Sie waren während Ihrer Zeit hier am Haus ständig doppelt tätig: Neben Ihrer Stelle als Solocellist haben Sie bis 1993 Dirigieren studiert, waren dann auch als Dirigent tätig. Im Orchester sind Sie aber bis 1996 geblieben. Wie sind Sie mit dieser doppelten Belastung umgegangen?
Der damalige Intendant Michael Schindhelm hatte es mir ermöglicht, gleichzeitig am Haus zu spielen und zu dirigieren, so hatte ich eine Zeit lang eine halbe Stelle als Solocellist und eine halbe Stelle als Dirigent inne.
Auch andere Personen am Theater haben mich sehr unterstützt. Zum Beispiel der kürzlich leider verstorbene Konzertmeister Herbert Voigt. Er hat das Theater und die Stadt sehr geprägt. Ich habe von ihm unheimlich viel gelernt. Er war ein Urmusiker, der aber den Karriereschritt aus Gera hinaus nie getan hat, obwohl er das Zeug gehabt hätte, Konzertmeister der Komischen Oper oder der Dresdener Philharmonie zu sein, aber ihn hielten familiäre Gegebenheiten in Gera. So wäre es für mich auch gekommen ‒ ich habe mich hier wohlgefühlt und wenn ich das Dirigieren nicht gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich auch geblieben. Voigt war immer ein Streiter der Sache, ein Konzertmeister der alten Schule, prägend, stark, ein Künstler, der etwas will. Der Konzertsaal und das Haus in Gera sind für mich auch durch ihn geprägt. Ich habe Gera und den Musikern des Orchesters und auch meinen damaligen Chefs sehr viel zu verdanken.
Eins meiner schönsten Erlebnisse hier in Gera, auch mit Herbert Voigt, war am 3. Oktober 1990: Zur Wiedervereinigung gab es eine Feierstunde und um Mitternacht spielten wir das, was uns so lange verboten war: Den langsamen Satz aus dem Kaiserquartett von Haydn. Das können Sie sich nicht vorstellen, was das damals persönlich mit uns gemacht hat.
Seit dem Abschluss Ihres Dirigierstudiums waren Sie deutschlandweit und auch international als Dirigent tätig. Sind Sie auch als Cellist noch häufig aufgetreten?
Ich war als Cellist bis 2003 oft noch mit dem Thüringer Salonquintett (gemeinsam mit einigen Musikern aus dem Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera) unterwegs. Danach, muss ich zugeben, habe ich aber überhaupt kein Cello mehr geübt. Jetzt gerade hatte ich ein Benefizkonzert zu spielen und dafür vorher ein halbes Jahr geübt, darum geht es jetzt gerade wieder mal ganz gut. Aber natürlich musste das Cello für meine Tätigkeit als Dirigent zurückstehen.
Welche Vorzüge haben für Sie die Tätigkeiten als Cellist und als Dirigent?
Ich bin ein familiärer Mensch. Wenn ich in einer Umgebung von Menschen spiele, die mich mögen und die das, was ich tue, gut finden und unterstützen, tut mir das sehr gut. Die Anerkennung für das, was ich mache, haben mir die Kollegen im Orchester hier auch in meiner Zeit als Solocellist immer gegeben. Das habe ich sehr geschätzt. Allerdings hatte ich die „dirigentische Ader“ schon seit meiner Kindheit. Als Dirigent muss man dann mit einer gewissen Einsamkeit zurechtkommen. Zwischen Dirigent und Musikern gibt es in der Regel eine gewisse Distanz, die auch notwendig ist. Beispielsweise gehe ich normalerweise nicht mit den Musikern Bier trinken. Das war hier in Gera natürlich anders.
Das Konzertprogramm des 9. Philharmonischen Konzertes ist ziemlich gewaltig. Alle Stücke haben mehr oder minder mit heroischen und epischen Stoffen und Figuren zu tun. Haben Sie persönlich eine Affinität zu solch epischen Themen?
So weit gucke ich ehrlich gesagt nicht. Da bin ich Anhänger von „Wer Ohren hat, der höre, und wer ein Herz hat, der möge es öffnen“. Damit kommt man schon sehr weit, auch ohne Vorkenntnis oder Affinität zu den Stoffen und Figuren.
Das Interview mit Georg Fritzsch führte die Konzertdramaturgin Birgit Spörl am 31. Mai 2019.
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